Alle Artikel der Kategorie ‘Reportagen

Flusskreuzfahrt von Berlin nach Stralsund: „Steuerbord schwimmt ein Wildschwein“

SEEROSENBUCHTEN, SCHILF – UND AB UND ZU EIN SEEADLER. EINE KREUZFAHRT MIT DER „MONA LISA“ VON BERLIN GEN RÜGEN IST EINE GERUHSAME ANGELEGENHEIT. BIS DAS MEER STÜRMISCH WIRD.

(Spiegel Online, 17.04.2016 )

„Titanic“-Feeling kann auch bei Flusskreuzfahrten aufkommen. Wenn nämlich die Wellen an die Fenster der unteren Kabinen klatschen und der Passagier für Sekunden in eine Unterwasserwelt blickt. Wenn die Crew die Liegestühle auf dem Sonnendeck einklappt und der Kapitän eine Kursänderung ankündigt.

Die einwöchige Reise von Berlin nach Stralsund ist zwar unter der Kategorie Flusskreuzfahrt zu buchen, aber eigentlich wird alles präsentiert, was die Schifffahrt hergibt: gewundene Flüsschen und schnurgerade Kanäle, winzige Buchten, ein weites Haff und sogar das offene Meer.

Einschiffung ist in Berlin-Spandau auf der Spree. Weil am ersten Abend die „MS Mona Lisa“ noch am Kai liegt, haben die Passagiere Zeit, das schwimmende Hotel zu inspizieren. Das Schiff der Reederei CroisiEurope ist 82 Meter lang und zehn Meter breit und kann bis zu hundert Passagiere beherbergen. Es wirkt wie eine charmante, gepflegte, ältere Dame, mit kleinen Zipperlein hier und da.

Seit die „Mona Lisa“ im Jahr 2000 in Dienst gestellt wurde, sagt ihr Kapitän Dieter Motek, wo es lang geht. Motek findet man meist auf der Brücke. Hingegen scheint es nicht gerade die Lieblingsaufgabe des seit 1967 als Schiffer arbeitenden Magdeburgers zu sein, im feinen Zwirn und mit Sektglas in der Hand die Passagiere zu unterhalten. Aber heute muss er. „Vorstellung der Besatzung“ lautet der erste offizielle Programmpunkt.

Was dem Kapitän wichtiger als Smalltalk ist, sind diverse Sicherheitshinweise. Vor allem, wenn er vor einer Brücke mit einem Tut-Signal auffordert: Kopf einziehen! Das ist häufig nötig, denn nach der halbtägigen Stadtrundfahrt durch Berlin wird endlich abgelegt. (…)

Gesamten Artikel bei Spiegel Online lesen

Tür an Tür

Die Werkstatt Roloff baut sie bis heute: Darßer Türen farbig, ornamental, schön

(daheim – Reader‘s  Digest Deutschland, Verlag Das Beste, August/September 2015)

Es scheint, als stecke die Sonne schon drin im Holz und Dirk Roloff, der Bildhauer, brauche sie nur aus dessen Enge zu befreien. Span für Span werden die Strukturen deutlicher, hebt sich das Halbrund aus kurzen und langen Strahlen vom viereckigen Untergrund.  Dann ist es soweit: Die Kassette mit der erhabenen Sonne kommt an den ihr zugedachten Platz – in eine Darßer Tür. Jede dieser Türen ist einzigartig, weil andere Ornamente sie zieren. Oft sind es die überlieferten Symbole: Tulpensträuße, die dem mythischen Baum des Lebens ähneln, Lorbeer als Symbol für Ruhm und Ehre, Anker und prachtvolle Segelschiffe, die vom Metier des Hausherren künden; dazu noch dieses und jenes heidnische Zeichen, von dem sich die Vorfahren Schutz vor Naturgewalten und bösen Geistern erhofften.

Alles hatte damit begonnen, dass die Bewohner der Ostsee-Halbinsel und besonders des Fischerdorfes Prerow durch die Segel-Schifffahrt in der Welt herum und zu etwas Wohlstand gekommen waren. Beides wollten sie zeigen (…)

Sächsische Route der Industriekultur: Wo früh am Morgen die Werksirene dröhnte

Von der Pferde-Straßenbahn, über Tagebauen bis zur Nudelfabrik: Sachsen hat eine Route der Industriekultur eröffnet. Zum Teil sind die 51 Stationen Museen, aber einige Betriebe geben Einblick in die moderne Produktion.

(Spiegel Online, 13.01.2015)

Zweimal ertönt die Sirene. Dann lässt ein dröhnendes Rüttelsieb alles vibrieren, ein kreischender Tellertrockner macht jedes Wort überflüssig. Dabei setzt sich nur ein geringer Teil der Maschinerie der ehemaligen Brikettfabrik in Knappenrode in Bewegung. Aber selbst der verursacht einen Höllenlärm.

Die Menschen, die sich beim Sirenenton beeilen, sind keine Kohlekumpel, sondern Besucher der Ausstellung bei Hoyerswerda. Der frühere Industriebetrieb nennt sich heute „Energiefabrik“ und ist als Lausitzer Bergbaumuseum Teil des Sächsischen Industriemuseums. Hier ist zu erfahren, warum die Gegend so ist, wie sie ist.

Und etwas vom Beginn der Förderung in Schächten vor 150 Jahren, von den Tagebauen, den Fabriken und den Werkssiedlungen, von Grubenloks und Draisinen. Auch von Menschen, die einst hier tätig waren, hört man in der „Energiefabrik“: In den stillen Augenblicken zwischen den Museumsschichten erzählen Arbeiter via Lautsprecher ihre „Schwarzen GeSCHICHTen“.

Gesamten Artikel bei Spiegel Online lesen

Winter auf dem Darß: Draußen frieren die Wellen

Es ist grimmig kalt. Behäbig schieben sich die Wellen auf den Strand und häufen dort ihren gefrorenen Schaum auf. Die Buhnen tragen Kappen aus milchigem Eis. Das Meer, noch wärmer als die Luft, scheint unter einer dunstigen Decke einzuschlafen.

(T-Online.de, 15.12.2014)

Der Winter auf dem Darß kann eisig sein, so eisig wie an diesem Tag. Und doch spazieren bunte Punkte am Strand entlang. In den kalten Monaten ist die Halbinsel längst nicht mehr so menschenleer wie noch vor 20 oder 30 Jahren. Reisten in den Achtzigern gerade zehn Prozent der Gäste zwischen Oktober und April an, ist es jetzt schon ein Drittel – Tendenz steigend. Und auch die Preise sinken nicht mehr automatisch mit den Temperaturen. Der Darß hat aufgetakelt, bietet Gourmet-Küchen, Wellness-Tempel, Galerien…

Was also – außer in dicke Jacken und in sich selbst zurückgezogen am Strand umherzutappen und dann in eine Sauna zu fliehen – unternimmt man auf dem Darß im Winter? Ach so, noch schnell eine förmliche Entschuldigung bei Fischland und Zingst: Die Ostsee-Halbinsel trägt nämlich, nach ihren drei aneinandergereihten Landflächen, offiziell den sperrigen Namen Fischland-Darß-Zingst. Sagt aber keiner. 

Gesamten Artikel bei T-Online lesen

Wellness-Reisen: Ab ins Moor

shapeimage_3In deutschen Heilbädern erlebt das Moorbad eine Renaissance. Marlis Heinz ist in den Ammergauer Alpen in die schwarze Brühe abgetaucht.

(ZEIT Online, 16.05.2011)

Die Badefrau versucht mein Zögern abzukürzen. „Na los, einsteigen!“ Vor mir steht ein Holzzuber, randvoll mit schwarzbrauner Pampe. Schokoladenkuchenteigähnlich. Und vermutlich heiß. Ich fasse Mut, tauche erst ein Bein, dann das andere ein und lasse mich schließlich langsam in die suspekte Masse sinken. Die ist nicht ganz so warm wie befürchtet, aber von wunderlicher Konsistenz. Moor eben, genauer: Bergkiefernhochmoor aus den Ammergauer Alpen. Nicht zu vergleichen mit dem, was in flachländischen Physiopraxen auf den Patienten gepappt wird. Ich taste und spüre zwischen den Fingern kleine Stücken von Holz oder Rinde. Oder so …

Gesamten Artikel bei ZEIT Online lesen

Platz für den großen Raffael!

shapeimage_2

DRESDEN FEIERT DEN 500. GEBURTSTAG DER SIXTINISCHEN MADONNA. DAS ITALIENISCHE MEISTERBILD HÄNGT IM ZWINGER

(Die Welt, 12.05.2012)

Man schreibt den 1. März 1754. Ein schwer beladener Wagen rumpelt über das Pflaster von Dresden durch die Residenz von August III. Wie schon sein Vater August der Starke ist er der Prototyp des barocken Herrschers. Unter der Regentschaft der beiden schmückt sich die Stadt an der Elbe mit prachtvollen Gebäuden: Der Zwingerhof bietet den Rahmen für rauschende Feste; die Kuppel der Frauenkirche erhebt sich über das Häusermeer; die Hofkirche ist fast vollendet. Die Mauern, Balustraden und Figuren leuchten im Hellgelb des frisch verarbeiteten Elbsandsteins.

Man will sich messen mit Paris und Wien – und ist dabei auf gutem Wege. Nur fehlen der Kunstkammer noch ein paar ganz besondere Kostbarkeiten. August hat deshalb seine Gesandten angewiesen, nach einem repräsentativen Raffael Ausschau zu halten. Und im Kloster San Sisto von Piacenza, das dem Heiligen Sixtus geweiht ist, sind sie tatsächlich fündig geworden. Da hängt eine Madonna, benannt nach Sixtus – die Sixtinische. Anno 1512 hatte Raffael den Auftrag bekommen, sie zu malen. Und weil San Sisto zwei Jahrhunderte später in Geldnot geraten war, ließ sich durch Augusts Männer ein Geschäft anbahnen. (…)